Anselm Richter 

Haus der Stimme

Der Gesang lässt auch neue Nervenzellen wachsen
und das Gehirn lernt die notwendige Lebensfreude.

© Alfred Selacher
(*1945), Schweizer Lebenskünstler 

Und wer ist Anselm Richter?

Ich bin Jahrgang 1959 und in Neuwied am Rhein aufgewachsen. Dadurch, dass meine Mutter Kantorin war, erlebte ich von früh an, dass regelmäßige Hausmusik und das gemeinsame Singen etwas Normales und zum Leben dazugehörig sind! An einen Stimm-„Bruch“ erinnere ich mich nicht. Gefühlt bin ich vom hohen Knabensopran sanft hinüber geglitten in einen Bass-Bariton, mit dem ich dann in den verschiedensten Chören die großen Messen und Oratorien mitsingen und -erleben durfte.

Auf die Idee Gesang zu studieren kam ich merkwürdigerweise gar nicht selbst. Einer der Kantoren, in dessen Chor ich mitsang, sprach mich – es war in meiner Zivildienstzeit - nach einer Chorprobe an mit der Frage, ob ich schon einmal an ein Gesangsstudium gedacht hätte. Die richtige Frage zum richtigen Zeitpunkt! Danach fügte sich alles sehr schnell! Ich bekam durch glückliche Umstände die Gelegenheit Professor Edmund Illerhaus von der Folkwang – Musikhochschule Essen vorzusingen, ein halbes Jahr später war ich Gesangsstudent an selbiger Hochschule. Sechs Jahre später konnte ich dann das Studium mit der Künstlerischen Reifeprüfung und der Staatl. Musikschullehrerprüfung abschließen.

Es folgten Lehraufträge an der Volkshochschule Neuwied, der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät der Universität Köln und dann in den Abteilungen Schul- und Kirchenmusik an der Musikhochschule Essen, an der ich auch selbst studiert hatte. Inzwischen bin ich seit über 25 Jahren Dozent für Gesang und Sprecherziehung an der Justus-Liebig-Universität in Gießen. Dort habe ich die große Freude, Studierende auf ihrem Weg Musiklehrerinnen und -lehrer zu werden stimmlich zu begleiten und auf ihren Beruf vorzubereiten.

Neben meiner Tätigkeit an der Universität liegt mir die sog. „Laienarbeit“ sehr am Herzen. Daher mache ich auch gerne Stimmbildung bei Chören und Ensembles und in Workshops und bin Leiter vom Marburger Chor 1949 e.V. und dem Gesangverein 1887 Ruttershausen e.V.

In meiner Konzerttätigkeit gibt es inzwischen einen neuen Schwerpunkt, nämlich die vokale Improvisation. Vor über zwei Jahren hat sich das „Trio Momentum“ gegründet. Sie finden auf diesen Seiten Ausschnitte aus unserem Debüt-Programm als YouTube-Videos

Gibt es eine „Idee“, die dieses Haus entstehen ließ?

Singen heißt für mich „Raum-Erleben“! Es gibt Räume, da möchte man beim Betreten gleich lossingen. Und das hat oft nicht nur mit der Akustik allein zu tun, sondern mit der „Stimmigkeit“ der Architektur insgesamt. Und hierzu gehört immer ein entscheidender Faktor – die Raumhöhe! Ab einer bestimmten Raumhöhe – und die mag ganz individuell empfunden werden – entsteht das beglückende Gefühl: „Hier kann ich über mich hinauswachsen!“ Am deutlichsten erfahren wir das, wenn wir eine Kirche betreten. Ich erlebe, wie dieses Höher-und-Weiter-Werden des Raumes etwas mit mir macht, in mir etwas auslöst, was sich in dem Klang meiner Stimme wiederspiegelt! 

Wenn ich früher nach meiner „Idee“ gefragt wurde, habe ich immer gesagt, dass ich mir – und allen, die mit mir zusammen „stimmlich über sich hinauswachsen“ wollen - am liebsten einen Dom bauen würde. Dort hatte ich in Bezug auf mein Singen die inspirierensten Erfahrungen und die Visualisierung der Dom-Architektur spielt in meiner Methodik eine große Rolle.

Nun ist es nicht wirklich ein Dom geworden, noch nicht mal eine Kapelle. Dafür fehlten dann doch die Mittel. Von außen erscheint das Haus auch nicht besonders groß. Aber mein Architekt hatte, als ich ihm von meiner „Idee“ erzählte, gleich die Vision von einem Raum, der nach oben hin bis in den Giebel hinein offen ist. Und so ist ein fast sieben Meter hoher Gesangsraum entstanden, der zusätzlich zu einer guten Akustik diese inspirierenden Raumeigenschaften hat.